Stellungnahme der Bundeskonferenz der Polnisch-Arbeitsgemeinschaft

Stellungnahme der Bundeskonferenz der Polnisch-Arbeitsgemeinschaften zur bewilligten zusätzlichen Bundesförderung für die polnische Herkunftssprache

Die Bundeskonferenz der Polnisch-Arbeitsgemeinschaften ist ein Zusammenschluss von Personen und Organisationen, die sich für die Förderung der polnischen Sprache in der Bundesrepublik Deutschland engagieren.

Als Bundeskonferenz der Polnisch-Arbeitsgemeinschaften begrüßen wir sowohl im Kontext der europäischen Mehrsprachigkeit als auch des bilateralen deutsch-polnischen Vertrages von 1991 die Bereitstellung durch den Bundestag einer zusätzlichen Bundesförderung für die polnische Herkunftssprache in Höhe von 1 Mio. Euro für 2023 und jeweils 2 Mio. Euro für die Folgejahre 2024 und 2025.

Denn die Zwei- und Mehrsprachigkeit von Kindern ist ein ausgesprochen wertvolles Gut, sowohl für unsere Gesellschaft als auch im Hinblick auf das Zusammenleben in Europa. In mehreren Sprachen zuhause zu sein, weitet ganz automatisch den Blick und macht Menschen zu Brückenbauern. (Dietmar Nietan, Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-polnischen Beziehungen) 1.

An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich bei allen Abgeordneten im deutschen Bundestag, die sich für diese Initiative eingesetzt haben, insbesondere bei Herrn Dietmar Nietan und Herrn Paul Ziemniak.

Bislang wurden zwei Erklärungen zu diesem Vorhaben veröffentlicht.

  • Erklärung des Koordinators der Bundesregierung für die deutsch-polnischen Beziehungen Dietmar Nietan zur neuen Initiative einer zusätzlichen Bundesförderung für die polnische Herkunftssprache vom 25.11.2022.1
  • Ostritzer Erklärung polnischer Organisationen in Deutschland vom 24.02.20232

An beiden angeführten Dokumenten lässt sich eine besondere Schwerpunktsetzung feststellen:

  • In der Erklärung des Koordinators, Dietmar Nietan, wurde der Akzent auf Förderung „für die polnische Herkunftssprache“ gelegt, mit dem Ziel, die Länder in ihrem Kompetenzbereich zu unterstützen.

Aufgrund der überragenden Bedeutung der deutsch-polnischen Beziehungen für das Zusammenleben in Europa sollte der Bund die Länder in ihren Bemühungen unterstützen, bestehende Angebote für den herkunfts- sprachlichen Unterricht aktiv zu bewerben, Bedarfe flächendeckend zu ermitteln und, so denn die Nachfrage besteht, entsprechende weitergehende Angebote zu schaffen.1

Es ist unserer Meinung nach wichtig zu unterstreichen, dass der Begriff „herkunftssprachlicher Unterricht“ in der Praxis für das Angebot der Herkunftssprachen (u. a. Polnisch) im Schulwesen der Länder festbelegt ist.

  • In der Ostritzer Erklärung der polnischen Organisationen in Deutschland liegt das Augenmerk auf der finanziellen Unterstützung der außerschulischen Angebote.

Wir sind uns darüber einig, dass, aufgrund des nachweislichen Bedarfs, die Priorität der finanziellen BMBF- Förderung […] bei dem außenschulischen Polnischunterricht für Kinder und Jugendliche polnischer Herkunft liegt.2

Die vom KoKoPol im Kloster St. Marienthal am 23.-24.02.2023 initiierte Diskussion (an dieser Stelle herzlichen Dank an die Organisatoren und Teilnehmenden) wurde zu einem Impuls zum anschließenden, breiten Austausch aller interessierten Akteure.

Die Bundeskonferenz der Polnisch-Arbeitsgemeinschaften unterstützt ausdrücklich die beiden Ansatzpunkte. Wir vertreten die Ansicht, dass alle Formen des Polnischunterrichts, ob im schulischen oder außerschulischen Kontext, wie auch Projekte und Initiativen, welche der Pflege und Entwicklung der polnischen Sprache in Deutschland dienen, gleichwertig und förderungsfähig sind, soweit sie die zu definierenden Kriterien erfüllen. Damit soll ein qualitativ vergleichbares Niveau der Angebote in der ganzen Bundesrepublik gewährleistet werden. Sie sollen alle in angemessenem Umfang finanziell unterstützt werden.

Da die Finanzierung des Polnischunterrichts im schulischen Kontext in der Zuständigkeit der Länder liegt  und damit aus Landesmitteln finanziert wird, teilen wir die Position, dass die Mittel aus der zusätzlichen Bundesförderung für die nächsten drei Jahre in erster Linie dem ergänzenden außerschulischen Angebot zugutekommen sollten. In der weiteren Perspektive müssen beide Bereiche in einer engen Vernetzung ausgebaut und verstätigt werden, um Durchgängigkeit für Polnischlernende zwischen den Bildungsetappen zu erreichen.

Auch die Verwaltungsarbeiten der die Gelder verwaltenden Einrichtung, wie auch in ihrem Auftrag erledigte weitere Aufgaben, die der Stärkung der Sichtbarkeit der polnischen Sprache dienen, sollen entsprechend der Zielsetzung honoriert werden, wobei ein prozentualer Anteil für diese Zwecke in Bezug auf die ganze Förderungssumme zu erwägen wäre.

Als Namen des Förderprogramms schlagen wir vor: Förderung der polnischen Sprache in Deutschland.

Der Klarheit wegen werden wir im Weiteren konsequent folgende Begriffe anwenden:

  • Polnisch in Deutschland im schulischen Kontext und
  • Polnisch in Deutschland im außerschulischen Kontext.

Der erste Punkt beinhaltet u. a. Polnisch als Herkunftssprache, Polnisch als Fremdsprache, Polnisch als Erstsprache, Nachbarsprache, Muttersprache, AGs u. s. w.

Der zweite Punkt beinhaltet u. a. Polnisch als Herkunftssprache/Muttersprache in Angeboten von polnischen Migrant*innenorganisationen, weitere Projekte und Initiativen zur Förderung der polnischen Sprache in Deutschland, wie auch durch die öffentliche Hand finanzierte Projekte (vergl. „Mehrsprachigkeit ist super!“), aktive Werbung für den herkunftssprachlichen Polnischunterricht in den jeweiligen Bundesländern, Elternarbeit, Projekte zur Förderung des Bewusstseins im Bereich der zwei- und mehrsprachigen Kindererziehung.

Zielsetzungsvorschlag:

Dazu hat sich bereits im Jahr 2021 die Bundeskonferenz der Polnisch-Arbeitsgemeinschaften positioniert.

Unser Ziel ist es, ein institutionell verankertes, breit angelegtes und in allen Bundesländern qualitativ vergleichbares Angebot an Polnischunterricht in allen Altersgruppen, Schulstufen und außerschulischen Bildungsformen im Sinne der Chancengleichheit aller am Polnischerwerb Interessierten zu erreichen. 3

Um dies zu bewirken, sind unserer Meinung nach notwendig:

  • Stätige finanzielle Förderung aller Formen der Angebote zur Pflege und Entwicklung der polnischen Sprache im außerschulischen Kontext, anfangend mit den Organisationen, die über langjährige Unterrichterfahrung und feste Strukturen verfügen bis zu neuen Initiativen und Projekten, die die notwendige Expertise aufweisen, soweit sie alle die zu erarbeitenden Kriterien erfüllen.
  • Aktive Werbung für verschiedene Formen des Polnischunterricht in den Bundesländern, Stärkung der Elternarbeit und Projekte zur Förderung des Bewusstseins im Bereich der zwei- und mehrsprachigen Kindererziehung.

Ausgehend von der „Erklärung des Koordinators der Bundesregierung für die deutsch-polnischen Beziehungen Dietmar Nietan zur neuen Initiative einer zusätzlichen Bundesförderung für die polnische Herkunftssprache“ vom 25.11.20221:

Das KoKoPol erhält somit die Befähigung, zentrale Vorhaben umzusetzen:

  • Die rasche Entwicklung einer praxistauglichen Strategie zur bundesweiten Bedarfserfassung an

herkunftssprachlichem Unterricht an Schulen,

  • die Erhebung von „best practice“-Beispielen des Polnischunterrichts aus den Bundesländern,
  • die Erarbeitung von Strategien zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Polnischunterrichts gemeinsam mit den Bundesländern und der Zivilgesellschaft (z.B. auch Polonia-Organisationen),
  • die Schaffung von Angeboten zur Vernetzung von bestehenden schulischen und außerschulischen Angeboten und
  • die Entwicklung von Kriterien zur Förderung außerschulischer Akteure, die fachgerechten Unterricht in Polnisch als Herkunftssprache anbieten können, damit diese außerschulischen Akteure dann auch im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel mit Bundesmitteln gefördert werden können.

schlagen wir folgende Maßnahmen vor:

  • Bestandsaufnahme des Polnischunterrichts in allen angebotenen Formen in der ganzen Bundesrepublik, sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Kontext, wie auch Erfassung weiterer Angebote von polnischen Migrant*innenorganisationen, Initiativen und Privatpersonen zur Pflege und Entwicklung der polnischen Sprache, wie auch durch Länder/Regionen/Kommunen unterstützten Projekte/Vorhaben etc. Anschließend sollte laufende Erfassung der Angebote folgen. Auf die Weise wird es gewehrleistet, ein vollständiges Bild des Polnischangebots in Deutschland zu schaffen und bedarfsorientiert Polnisch zu fördern. Im Folgeschritt sollte eine digitale Karte entstehen, die eine leichte Suche, Navigation, Teilnahme und Teilhabe den Kindern und ihren Eltern an den Angeboten ermöglicht.
  • Durchführung durch KoKoPol bzw. in seinem Auftrag einer deutschlandweiten Studie, die die Daten der Bestandsaufnahme (an welchen Standorten, von welchen Anbietern, mit welchen Lernenden- und Lehrendenzahlen Polnisch gibt) auswertet, Tendenzen analysiert und Herausforderungen ggf. Lücken und Bedürfnisse aufdeckt, wodurch ein bedarfsorientiertes und flächendeckendes Polnisch-Angebot ermöglicht wird.
  • Sichtbarmachung der Best-Practice-Beispiele.
  • Erarbeitung durch KoKoPol der Förderungskriterien für alle außerschulischen Angebote, unter Einbeziehung von polnischen Migrant*innenorganisationen und Expert*innen.
  • Erarbeitung durch KoKoPol bzw. in seinem Auftrag eines einheitlichen Rahmenprogramms für Polnischunterricht im außerschulischen Kontext, mit Evaluationskriterien und -maßnahmen, das auf der modernen Sprachendidaktik beruht.
  • Erarbeitung durch KoKoPol flankierender Maßnahmen zur Unterstützung der Länderangebote für Polnisch im schulischen Kontext, mit dem Ziel:
    • Angleichung der Unterrichtsstandards in den Ländern (wie z.B. Veröffentlichung der Beispiele von Curricula 1-12, Veröffentlichung der Unterrichtsbeispiele nach Jahrgängen etc.),
    • Angleichung der Verfahren zur rechtszeitigen Bedarfserhebung.
  • Aktive Bewerbung der bestehenden Angebote für Polnisch in Deutschland.
  • Infokampagne für bewusste zwei- und mehrsprachige Erziehung.
  • Erstellung von einem Pool mit Best-Practice-Beispielen, Materialien und Fortbildungsangeboten für Polnisch-Lehrkräfte.

Die Reihenfolge der Maßnahmen ergibt sich aus dem jeweils aktuellen akuten Bedarf, beginnend mit dem Punkt 1, der Vorrang hat.

Wir legen nah, die Umsetzung der Bundesförderung nach dem Ablauf der gesamten Förderperiode zu evaluieren, um eine belastbare Grundlage für anschließende, stätige Förderung des Polnischen in Deutschland zu bekommen.

Wir freuen uns auf einen konstruktiven und zielführenden Austausch im Sinne der Entwicklung und Erhöhung des Stellenwerts der polnischen Sprache in der Bundesrepublik Deutschland.

Für die Bundeskonferenz der Polnisch-Arbeitsgemeinschaften

Grażyna Kamień-Söffker und Dr. Anna Mróz

Quellen:

1. Erklärung des Koordinators der Bundesregierung für die deutsch-polnischen Beziehungen Dietmar Nietan zur neuen Initiative einer zusätzlichen Bundesförderung für die polnische Herkunftssprache vom 25.11.2022

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aamt/koordinatoren/deutsch-polnische-zusammenarbeit-  node/kompetenz-und-koordinationszentrum-polnisch/2565712

2. Ostritzer Erklärung polnischer Organisationen in Deutschland vom 24.02.2023  https://kokopol.eu/wp-content/uploads/2023/03/Ostritzer-Erklaerung_24-02-2023-1.pdf

3. Politikanalyse zur Situation des Polnischunterrichts in Deutschland anlässlich des 30. Jahrestages der Unterzeichnung des „Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche

Zusammenarbeit“ am 17.06.1991, Anna Mróz in Zusammenarbeit mit Grażyna Kamień-Söffker, 17.06.2021

https://herkunftssprache.de/wp-content/uploads/2022/02/politikanalyse-zur-situation-der-polnischen-sprache-in-deutschland-juni-2021.pdf

Orginalny dokument do pobrania:

https://poloniaviva.eu/images/BK-14.03.2023